Integration in die „Volks­gemeinschaft“

Sie seien Teil einer überlegenen „Volksgemeinschaft“, redete die NS-Propaganda den Kindern der sogenannten Volksgenossen ein und vermittelte ihnen das Gefühl, zu einer „Herrenrasse“ zu gehören. Viele junge Menschen nahmen das bereitwillig an.

Der Nationalsozialismus durchdrang das gesamte Leben der Kinder und Jugendlichen von der Familie über die Schule bis zur Hitlerjugend (HJ), dem Jugendverband, in dem fast alle jungen Deutschen erfasst waren. Zur Indoktrination gehörten Führerkult, soldatische Tugenden, völkische Weltanschauung und der Kult eines gesunden Körpers.

Schulalltag im Nationalsozialismus. Feier in einer Berliner Volksschule zum Jahrestag der Reichsgründung von 1871, 18. Januar 1934.

Der Hitlergruß war in deutschen Schulen ab 1934 vorgeschrieben. Über nationalsozialistisch geprägte Lehrpläne und Schulbücher, vor allem in den Fächern Geschichte und Biologie, wurde unter anderem die „Rassenkunde“ in den Unterricht eingebracht. Viele Lehrkräfte waren bereits 1933 Mitglieder der NSDAP und drängten ihre Schüler:innen, der HJ beizutreten.

(Bundesarchiv)

Indoktrination und Führerkult: Werbeplakate des Presse- und Propagandaamts der Reichsjugendführung, um 1939.

1936 wurde die HJ zur alleinigen Staatjugendorganisation erklärt, ab 1939 gab es die Zwangsmitgliedschaft für deutsche Kinder und Jugendliche. Doch auch zuvor waren bereits viele freiwillig Mitglied. Die HJ war Nachwuchsorganisation der NSDAP und staatliche Erziehungsinstitution zugleich. Die Jugend wurde in der HJ zu absolutem Gehorsam und der Hingabe für Hitler und die „Volksgemeinschaft“ erzogen.

(Deutsches Historisches Museum)

„Dein Körper gehört der Nation“: Leistungsschau beim Sportfest der HJ in Essen, 1938.

Sport und Wehrertüchtigung spielten eine zentrale Rolle in der Erziehung der Kinder und Jugendlichen. Sie waren zur ständigen Leistungsbereitschaft aufgerufen. Zugleich diente der Sport der ideologischen Indoktrination und der Vorbereitung auf den Krieg.

(NS-DOK Köln)

Von der HJ in die SS: Propagandapostkarte der Waffen-SS, Wien um 1943.

In der HJ gehörte neben der weltanschaulichen Schulung auch die Wehrertüchtigung zum Tagesprogramm. Die quasi-militärischen Lager mit Marschübungen, Kampf- und Schießtrainings sollten die Jungen in der HJ auf ihren Einsatz im Krieg vorbereiten.

(Deutsches Historisches Museum)

SS-Rottenführer Hans Stark im KZ Buchenwald, 1939.

Viele Angehörige der KZ-Wachmannschaften waren noch nicht volljährig. Auch der begeisterte Hitlerjunge Hans Stark trat der SS sehr früh bei. Im Alter von nur 16 Jahren wurde er in der Wachmannschaft des KZ Oranienburg eingesetzt und 1938 zum KZ Buchenwald versetzt. Dort betreute er die Pferde eines Reiterzuges, wurde aber auch im Wachdienst eingesetzt. Später gehörte Hans Stark der SS in den Konzentrationslagern Dachau und Auschwitz an. Im Frankfurter Auschwitz-Prozess verurteilte ihn das Gericht wegen gemeinschaftlichen Mordes zu 10 Jahren Jugendstrafe. Er starb 1991.

(Gedenkstätte Buchenwald)

SA für Kleine: Der HJ-Streifendienst. Propagandafoto der Hitlerjugend.

Der HJ-Streifendienst versuchte die Verfolgungspraktiken von SA und SS nachzuahmen. Kinder und Jugendliche, die als Feinde wahrgenommen wurden, mussten damit rechnen, auf der Straße verprügelt zu werden. Während des Krieges wurde der HJ-Streifendienst auch als Hilfspolizei herangezogen, etwa bei der Bewachung von Zwangsarbeiter:innen.

(NS-DOK Köln)

„Das war ja eine Schlägertruppe“ Werner Freund erinnert sich im Interview an Zusammentreffen mit der Hitlerjugend, 2010.

(NS-DOK Köln)

„Jugend führt Jugend“: Jungvolkdienst in Lippstadt, 1942.

Nach dem Propaganda-Motto „Jugend führt Jugend“ wurden Jugendliche zu HJ-Führern ausgebildet. Während des Zweiten Weltkriegs zog die Wehrmacht viele ältere HJ-Mitglieder zum Kriegsdienst ein. Vielfach übernahmen nun unerfahrene Schüler Führungsposten. Die Mitgliedschaft in der HJ, vor allem im Jungvolk, wurde dadurch weniger attraktiv als zuvor.

(Stadtarchiv Lippstadt)

Von der Hitlerjugend an die Front: Mit Panzerfäusten und Karabinern bewaffnete Jugendliche marschieren zum Kriegseinsatz in Niederschlesien, 30. März 1945.

Im März 1945 wurde die Wehrpflicht auf den Jahrgang 1929 ausgedehnt. Damit mussten auch 15-Jährige in die Wehrmacht, die Waffen-SS oder in den Volkssturm einrücken. Oftmals wurden militärisch unausgebildete Jugendliche an die Front geschickt.

(Bildarchiv preußischer Kulturbesitz)

Ein 13-jähriger Wehrmachtssoldat nach seiner Gefangennahme, 29. April 1945.

Der Junge gehörte zu einer Einheit von 60 schwerbewaffneten Hitlerjungen, die bei Martinszell im Allgäu in amerikanische Kriegsgefangenschaft gerieten.

(Foto: Joseph W. Lapine, NARA)

Weiterführende Informationen:

Ausstellung Museum Köln: Jugend im Gleichschritt!? Die Hitlerjugend zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
museenkoeln.de.

Lebendiges Museum Online: Der Bund Deutscher Mädel (BDM).
dhm.de.

Herrenkinder und Ausgegrenzte