Begrenzter Schutzraum:
Die Kinderblocks 8 und 66

Kinder waren den Gefahren des Lagers besonders schutzlos ausgeliefert. Um sie zu schützen, richteten politische Funktionshäftlinge im Juli 1943 im Block 8 des Hauptlagers einen Kinderblock ein. Im Kleinen Lager diente ab Januar 1945 die Baracke 66 als Kinderblock.

Die meisten Jugendlichen in den Kinderblocks waren zwischen 14 und 17 Jahre alt. Sie mussten nicht arbeiten, bekamen aber auch nur die Hälfte der geringen Essensrationen. Hunger war allgegenwärtig, doch bis Mitte 1944 war es möglich, illegalen Unterricht und kleine kulturelle Veranstaltungen zu organisieren.

Trotz aller Bemühungen der politischen Funktionshäftlinge, es zu verhindern, schickte die SS immer wieder Kinder auf Vernichtungstransporte u.a. nach Auschwitz. Am 10. April 1945 drang die SS in das Kleine Lager ein und schickte viele Minderjährige auf Todesmärsche. Bei der Befreiung am 11. April leben noch 900 Kinder und Jugendliche. Mindestens 1600 waren gestorben.

„ […] als wir in beißender Kälte und tiefem Schnee draußen am Appell standen, teilte der Blockälteste mit, dass sich alle Jugendlichen bis 16 zur Überführung in einen Kinderblock bei ihm melden sollten. Nach kurzer Pause brach plötzlich Panik aus. Wir alle witterten eine List. Die Jugendlichen hatten genug Erfahrung gesammelt, jeder dachte, dass es ein Trick sei, um uns fertig zu machen […]. Natürlich meldeten sich die meisten gleich zum Transport, für fast alle war es eine schicksalshafte Entscheidung. Nur sehr wenige von ihnen haben überlebt. Nach den Erfahrungen, die ich inzwischen in Buchenwald sammelte, hatte ich das Gefühl, dass man dem Blockältesten glauben könne.“

Bericht von Robert J. Büchler, 1994.

Robert J. Büchler (1929–2009) wurde als Jude verfolgt, die SS deportierte ihn im Januar 1945 im Alter von 16 Jahren von Auschwitz nach Buchenwald. Er wurde von Mithäftlingen im Kinderblock 66 des Kleinen Lagers untergebracht. Einen Tag vor der Befreiung schickte ihn die SS auf einen Todesmarsch, von dem er fliehen konnte.

(Robert J. Büchler, Am Ende des Weges. Kinderblock 66 im Konzentrationslager Buchenwald, in: Dachauer Hefte 6, 1994)

Antonín Kalina (vorne rechts) vor dem Block 66 im Kleinen Lager, nach dem 11. April 1945.

Ab Ende 1944 war der tschechische Kommunist Antonín Kalina (1902-1990) als Blockältester für die Kinder und Jugendlichen im Block 66 zuständig. Er nutzte seine Kontakte zum Lagerwiderstand und änderte Anfang April 1945 die Namen jüdischer Kinder, um sie vor den Todesmärschen zu schützen. Öffentliche Anerkennung für den 1939 nach Buchenwald Verschleppten gab es erst nach seinem Tod. 2012 wurde er durch die Gedenkstätte Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt.

(Gedenkstätte Buchenwald)

Befreite Jugendliche sitzen vor dem Block 62 im Kleinen Lager, zwischen dem 11. und 15. April 1945.

Im Kleinen Lager, in dem noch schlimmere Bedingungen als im Hauptlager herrschten, waren 1944/45 besonders viele Kinder und Jugendliche untergebracht. Sie waren mit Transporten aus den geräumten Lagern in Osten, u.a. aus Auschwitz, nach Buchenwald gekommen.

(Gedenkstätte Buchenwald)

Befreite Jugendliche vor dem Kinderblock 66, nach dem 11. April 1945.

Der von Funktionshäftlingen errichtete Kinderblock 66 rettete viele Kinder und Jugendliche vor der Deportation zur Zwangsarbeit in Außenlagern und damit vor dem Tod. Im Kinderblock waren die Jugendlichen auch besser vor Übergriffen durch erwachsene Mithäftlinge geschützt.

(Gedenkstätte Buchenwald)

Rettung durch Verlegung. Verlegungsliste der Häftlingsschreibstube, 26. Januar 1945.

Kinder und Jugendliche wurden gezielt in die Kinderblocks 8 und 66 verlegt. Allerdings gab es nur begrenzte Rettungsmöglichkeiten; nicht alle Minderjährigen konnten beschützt werden.

(Arolsen Archives)

Verlassene Unterkunft im Kinderblock 66 des Kleinen Lagers, April/Mai 1945.

Die primitiven dreistöckigen Holzverschläge als Betten waren charakteristisch für die Holzbaracken im Kleinen Lager. Kurz vor der Befreiung trieb die SS etliche Häftlinge auf Todesmärsche. Auf der Suche nach jüdischen Gefangenen wurden die Baracken durchsucht und verwüstet.

(Foto: Alfred Stüber, Gedenkstätte Buchenwald)

Jugend im KZ Buchenwald