Gefangen unter Tage:
Der Stollenausbau

Bereits in den ersten Transporten, die Buchenwald mit dem Ziel Mittelbau-Dora im Herbst 1943 verließen, befanden sich vereinzelt Jugendliche. Fast ausnahmslos waren sie als politische Häftlinge registriert worden.

Bis zum Frühjahr 1944 mussten die Häftlinge im Außenlager Dora die Stollenanlage für das unterirdische Raketenwerk ausbauen. Anfang 1944 begann im „Mittelwerk“ die Montage der A4/V2-Raketen. Die KZ-Häftlinge mussten sowohl beim Ausbau der Stollenanlage als auch in der Produktion arbeiten.

In den ersten Monaten waren die Häftlinge nicht in Baracken, sondern unter Tage in sogenannten Schlafkammern untergebracht. Tausende fielen den katastrophalen hygienischen Bedingungen im Stollen und der auszehrenden Zwangsarbeit zum Opfer.

Dominik Černý: "K.L. Dora: Wohnen im Stollen" ("Bydlení ve štole"). Holzschnitt, Blatt der Folge "K.L. Dora-Sangerhausen", 1953.

Dominik Černý war ein tschechischer Pädagoge und Künstler. Seine Eindrücke der Bedingungen im Stollen verarbeitete er nach seiner Befreiung künstlerisch in einer Reihe von Holzschnitten. Darin drückte er die Enge, Dunkelheit, die hygienischen Bedingungen und das Sterben seiner Mitgefangenen aus.

(KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora)

Erinnerungen an die Zwangsarbeit im Stollen: Franz Rosenbach im Interview mit der USC Shoah Foundation, Oktober 1998.

Der damals 16-Jährige Sinto Franz Rosenbach kam im April 1944 von Auschwitz-Birkenau über Buchenwald nach „Dora“. Dort musste er Zwangsarbeit beim Stollenvortrieb leisten.

(Visual History Archive)

Ausbau der Stollenanlage des Mittelwerks, Frühsommer 1944.

Das Foto entstand bei den Dreharbeiten für einen von Rüstungsminister Albert Speer in Auftrag gegebenen Propagandafilm über das Raketenprogramm.

(Foto: Walter Frentz, KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora)

Aus dem Stollen in den Tod: Auszug aus der Transportliste vom Kommando Dora nach Lublin, 17. Januar 1944.

Kranke und erschöpfte Häftlinge, die nicht mehr arbeiten konnten, schob die SS zum Sterben in die Konzentrationslager Lublin-Majdanek und Bergen-Belsen ab. Darunter waren auch Jugendliche wie der 18-jährige Jean Antoine und der 17-jährige Felix Le Bacq, Nummern 13 und 24 auf der Liste. Die Spur der beiden Franzosen endet im KZ Majdanek.

(Arolsen Archives)

Michel Fliecx, 1946.

(Stiftung niedersächsische Gedenkstätten)

„Ich lasse Gouju, meinen Landsmann, zu der ‚Box‘ rufen, in der ich liege. Er kommt, und diesen Freund aus guten Tagen in meiner Nähe zu sehen, erfüllt mich mit unschätzbarer Freude; diesen Freund, der meinem Vater getreulich meine letzten Worte und meine letzten Gedanken übermitteln wird. Das ist ein Trost, den viele nicht gehabt haben, die, inmitten gleichgültiger Fremder, einsam in irgendeiner Baracke dieser verfluchten Lager gestorben sind.“

Bericht von Michel Fliecx über die Tage vor seiner Überstellung nach Bergen-Belsen, 1946.

Der Franzose Michel Fliecx war politischer Häftling und 19 Jahre alt, als er im Oktober 1943 in das Lager Dora deportiert wurde. Im März 1944 sonderte ihn die SS als arbeitsunfähig aus und überstellte ihn mit einem „Invalidentransport“ in das KZ Bergen-Belsen. Er gehörte zu den wenigen Überlebenden.

(Vom Vergehen der Hoffnung. Zwei Jahre in Buchenwald, Peenemünde, Dora, Belsen, Göttingen 2013)

JUGEND IM KZ MITTELBAU-DORA